#Brieferl No.74 – Harmonisch durch die Grillsaison





Lieber Cousin Herbert,

heute habe ich noch einen hübschen FPÖ-Umfaller von einem treuen Leser bekommen.

Studiengebühren
13. September 2017FPÖ-Karlsböck: ÖVP-Forderung nach Studiengebühren inakzeptabel
15. Dezember 2017ÖVP und FPÖ wollen neue Studiengebühren einführen

 

Heute ist ja überhaupt wieder ein historischer Tag für die gemeinsame Reise nach Schasklappersdorf an der Banane. Der ORF wird nämlich gerade schön gebläut.

Vom Innenpolitikredakteur der Zeit im Bild in einem gewaltigen Karriereschritt zum Chefredakteur über 140 Redakteurinnen und Redakteure werden, […] Matthias Schrom wird diesen Schritt bald tun. Maßgebliche Kräfte in der Neo-Regierungspartei FPÖ finden, der gesellige 44-jährige Tiroler hat fair über sie berichtet.“

Das System ist krank„, sagt eine ORF-Redakteurin. […] „Mit Qualität, Leistung, Fleiß kommt man nicht weit. Weiter jedenfalls kommt man, wenn die gerade passende Partei das Weiterkommen unterstützt.“

 

Ich frage mich, wie man es anstellen könnte, dass überhaupt nur gefestigte Persönlichkeiten ins Parlament kommen.
Menschen, die Überzeugungen haben, zu diesen stehen und sich vom System nicht korrumpieren lassen.
Und die zusätzlich, unabhängig von noch so autoritärem Einfluß, wissen, was richtig und was falsch ist. Und danach handeln.

Dazu ist mir ein Film eingefallen, den ich persönlich als einen der Besten empfinde, die ich jemals gesehen habe. Ich habe es übrigens dem großartigen ORF der 1980er Jahre zu verdanken, dass ich auf ein paar Brocken Russisch und einen gut bestückten Erinnerungsfundus cineastischer Meisterwerke zurückgreifen kann.

I wie Ikarus“ könnte auch dir gut gefallen, da geht es u.a. um den Geheimdienst und seine Rolle im Staatsgefüge. Bei deinem Gfrett mit dem BVT könntest du dich da vielleicht weiterbilden.

Die beeindruckendste Sequenz ist jedoch die Darstellung des Milgram-Experiments.
Das kennst du vielleicht. Per Zeitungsannonce wurden Freiwillige für ein wissenschaftliches Experiment gesucht. Sie wurden an einer Universität von Professoren in weißen Kitteln dazu aufgefordert, einen Lehrer zu spielen, der seinem Schüler Aufgaben stellen musste. Wenn der Schüler falsch antwortete, musste der Lehrer diesem immer stärkere Stromstöße versetzen. Weder der Schüler noch die Stromschläge waren echt, was der Proband natürlich nicht wußte.

Das Spannende an der Sache ist der Gewissenskonflikt, in dem der Proband steckt.
Einerseits „muss“ er ja mitmachen, weil er sich doch verpflichtet hat. Andererseits sieht er, dass es seinem Schüler immer schlechter geht, je stärker die Stromstöße sind.
Ab 120 Volt gibt dieser Schmerzensschreie von sich, ab 150 Volt sagt der Schüler, dass er nicht mehr mitmachen will, ab 300 Volt lehnt er weitere Antworten ab und über 330 Volt hängt er nur noch regungslos herum.

Ich habe mir überlegt, wie das Ergebnis wohl wäre, wenn man die aktuelle Regierungsmannschaft einem solchen Experiment unterziehen würde. Würden sie mitmachen, gar bis zum Ende von 450 Volt? Und wenn ja, wie würden sie es rechtfertigen?

Die FPÖ-Probanden würden wohl die Grillsaison als eröffnet betrachten und folgende Rechtfertigungen für ihr Treiben parat haben:
* Wir würden eh nicht, aber es steht so im Regierungsprogramm
* In Wahrheit haben wir das alles der SPÖ zu verdanken
* Die Ausländer sind an allem schuld

Die ÖVP-Probanden, einer gemütlichen Grillerei auch nicht abgeneigt, würden sich wohl wie folgt rechtfertigen:
* Wir würden eh nicht, aber es steht so im Regierungsprogramm
* Auch wenn es Gegenwind gibt, dafür sind wir angetreten
* Gegen unser Reformprojekt etwas zu sagen, ist Gräuelpropaganda

Im Film bricht einer der Probanden den Versuch (bei 405 Volt) ab, als sich die beiden Universitätsprofessoren darüber streiten, ob eine weitere Befragung des Schülers nicht nachteilig für dessen Gesundheit wäre.

Der Versuchsleiter hat für diesen Abbruch folgende Erklärung parat:

„Wenn sich die Spitze eines hierarchischen Systems nicht mehr in Übereinstimmung befindet, wenn die Autoritäten sich streiten, gibt es keinen unbedingten Gehorsam mehr.“

DAS ist also der Grund, warum Basti und Bumsti immer einen auf superharmonisch machen, richtig? Warum bei jeder passenden wie unpassenden Gelegenheit betont wird, dass man sich niemals nicht streiten würde!

05. Jänner 2018 – Harmonie am Schloss
14. Februar 2018 – Aschermittwoch im Zeichen der Harmonie
03. Mai 2018 – Türkisblaue Harmonie in Wien

Mehr unbedingter Gehorsam ist es also, der gefordert ist!

Kein schlechtes Konzept. Was lernen wir weiter aus dem Film, der sich übrigens auf die echten Ergebnisse bezieht?

Der Versuchsleiter erklärt:

„Im Durchschnitt leisten 63% der Testpersonen unbedingten Gehorsam. Das heißt, dass sie das Prinzip des Experiments voll akzeptieren. Damit will ich sagen, sie gehen bis 450 Volt.“

Die Conclusio des interessierten Generalstaatsanwalts Volney lautet:

„Das würde also bedeuten, dass auch in einem zivilisierten Land mit einer liberalen und demokratischen Verfassung zwei Drittel der Bevölkerung ohne zu fragen und ohne zu überlegen alle Befehle ausführen würden, die sie von einer übergeordneten Macht bekämen.“

To be continued ….

Liebe Grüße,
Cousine Daniela




10 Antworten auf „#Brieferl No.74 – Harmonisch durch die Grillsaison“

  1. Damit stellt sich (mir zumindest) auch die Frage, was diese zwei Drittel denn bräuchten, um mutiger werden zu können, um sich zu trauen „aufzustehn“ und „Nein!“ zu sagen.
    Was brauchen diese Menschen, um wieder mehr auf das Mitgefühl in ihnen zu hören?

  2. Wider einmal ins Schwarze getroffen!! Ich kenne den Film, war mir damals schon unverständlich, wie man jegliches eigenes Denken und Mitgefühl ausschalten kann!!?. Lg. Ihre Sie bewundernde Gerda Lackerer

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