#Brieferl No.122– Die blaue Linie





Lieber Cousin Herbert,

wenn du glaubst, dass das alles so weiter geht, dann kann ich dir hier und heute ausrichten: NEIN!

Ich habe mal für dich einen schönen und vor allem einfachen Artikel herausgesucht – aus dem Politik-Lexikon für junge Leute:
http://www.politik-lexikon.at/rechtsstaat/

“Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem die Verfassung und andere Gesetze geachtet und eingehalten werden und die Rechte der Bürger und Bürgerinnen vom Staat geschützt werden. In demokratischen Staaten ist dies üblicherweise der Fall. Anders ist es in Diktaturen. Dort gibt es häufig keine richtige Opposition, und es werden auch andere Rechte (z.B. Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit) nicht gewährt.“

Du verstehst wieder nicht, wovon ich spreche?

Man versendet (oder lässt versenden) keine E-Mail an die Kommunikationschefs der Landespolizeidirektionen, in der steht, dass man Zeitungen, die sich angeblich “nicht ordnungsgemäß“ verhalten, nur noch ein Minimum an Information zukommen lassen soll. Das versteht man unter Meinungsfreiheit.
DAS TUT MAN NICHT!!!!!!

Die rote Linie, die Rechtsstaatlichkeit, Anstand und Moral vom Sumpf trennt, hast du jetzt endgültig überschritten.
Sollten wir die “rote Linie“ vielleicht auf blau umfärben, damit dein Respekt vor ihr und damit auch vor dem Staat, der Gesellschaft und den Bürgern (wieder) erwachen kann?
Ich weiß ja, dass du rot bei allem siehst, was rot ist, aber deshalb brauchst du die rote Linie nicht zu ignorieren. Stell dir halt einfach vor, sie sei blau und schon kannst du im Rahmen bleiben.

Aus dem “Standard“:

„Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien (zum Beispiel STANDARD, ‘Falter‘) sowie neuerdings auch seitens des ‘Kuriers‘ eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben“,

wird in dem Schreiben, das dem STANDARD und dem Kurier über mehrere Stationen zugespielt wurde und dessen Authentizität von mehreren Beamten bestätigt wurde, gewarnt.

Und auch eine Anregung für die Zusammenarbeit mit den genannten Zeitungen wird gleich mitgeliefert:

„Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken und ihnen nicht noch Zuckerln wie beispielsweise Exklusivbegleitungen zu ermöglichen …“

https://derstandard.at/2000087988184/Innenministerium-beschraenkt-Infos-fuer-kritische-Medien

Mit dem ganzen zusätzlichen Trara-Blabla um Werbesendungen für die Polizei, der expliziten Nennung von Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsstatus von Verdächtigen in Aussendungen und der verstärkten Meldung von Sexualdelikten, kann ich nur sagen – Schasklappersdorf an der Banane, bald sind wir da!

https://kurier.at/politik/inland/geheimpapier-kickls-brisante-medienkontrolle/400127339

Die Presseaussendung von gestern Abend bestätigt eindrucksvoll die Route nach Schasklappersdorf.

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180924_OTS0193/stellungnahme-zur-aktuellen-berichterstattung-ueber-die-zusammenarbeit-des-bmi-mit-medien

“Es handelt sich dabei um Anregungen und Kommentare ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter.“

Dennoch wird erklärt, warum genau manche Medien eben nicht mehr so viel an Information erhalten sollen.

“Selbstverständlich ist es das Recht und sogar die Pflicht aller Medien, die Arbeit der Polizei, des Innenministeriums und auch des Innenministers kritisch zu beleuchten. Doch es ist ebenso das Recht von Kommunikationsmitarbeitern, sich angesichts der von ihnen gegebenen Informationen und der daraus resultierenden Berichterstattung ein Bild zu machen und daraus qualitative Schlüsse zu ziehen.“

Und ganz besonders wichtig:

“Tatsächlich war der Innenminister weder Auftraggeber noch Empfänger dieser Mitteilung – ebenso wenig wie Mitglieder aus dem Kabinett des BMI.“

Eigenartig. Bist du nun Innenminister oder nicht? Und bist du als solcher Chef deines Kommunikationsteams oder können die schreiben, was sie wollen?

Ich habe mir den Schreiber dieser Presseaussendung, den Alexander Marakovits, mal kurz näher angeschaut. Soweit ich das sehe, ist er ja schon die längste Zeit in dieser Position und sollte daher wissen, was man schreiben kann / darf und was eben nicht.

http://www.polizei.gv.at/vbg/presse/eu/eu.aspx?nwid=6C4D552F53526E2F3179593D&ctrl=AB13CD03FG60

2014 beispielsweise war er nicht nur Presseverantwortlicher des österreichischen Innenministeriums, sondern sogar Leiter der Abteilung „Kompetenzcenter Kommunikation“.

Auch im Jahr 2009, als noch die Maria Fekter Innenministerin war, gab es bereits Alexander Marakovits in der Rolle des “Sprechers des Ministeriums“.

Interessant, wie auch sie schon damals mit dem Ziel “Österreich soll das sicherste Land mit der höchsten Lebensqualität werden“ angetreten ist. Und dabei ein, ich formuliere es freundlich, “eigentümliches Verhalten“ den Medienvertretern gegenüber an den Tag gelegt hat. Der Titel des Artikels spricht von “Hinterfotzigkeit“.

Der Basti hat sogar etwas dazu gesagt! Hurra!

https://orf.at/stories/3033101/

Neben dem Blabla-Statement “Jede Einschränkung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel“ hat er aber doch auch noch etwas durchklingen lassen.

Nämlich, dass er es für richtig hält, dass das Innenministerium eine neue Kommunikationsrichtlinie erarbeitete und eine faire Zusammenarbeit mit allen Medien anzustreben wolle ….

Bleibt die Frage offen, die ich bereits im Frosch-Skorpion-Brieferl gestellt habe. Das kennst du, denn das hast du vorgelesen bekommen.
Von der Martha Bißmann im Parlament.

Kann oder will der Frosch, in unserem Fall der Schutzheilige aller Routenschließer Sebastian Kurz – kann oder will er nicht wissen, welcher Natur sein Skorpion Herbert Kickl ist?

Nicht-Können zeugt von Unfähigkeit, Nicht-Wollen von Amoral.

Die gute Nachricht: noch JEDES, wirklich JEDES Regime hatte ein Ende. Dieses Ende ist meistens unrühmlich und im Nachhinein greifen sich die Leute an den Kopf, wie das überhaupt hatte passieren können. Aber es HAT ein Ende. Und auch die Zeit der Frosch-Skorpion Konstellation, der Basti & Bumsti – Allianz wird ein Ende haben.

Meine Anregung dazu, ausdrücklich MIT Verbindlichkeitscharakter, lautet:
Je früher, desto besser.

Liebe Grüße,
Cousine Daniela

P.S.: Das mit ATV scheint nicht ganz so zu klappen, wie sich dein Kommunikationsteam (oder du) das vorgestellt haben.

„Die endgültige redaktionelle Verantwortung der Sendungen liegt ausschließlich bei ATV. Auch bei dieser geplanten Sendung wird sich daran nichts ändern, auch wenn es womöglich MitarbeiterInnen des Innenministeriums vielleicht gerne anders gestaltet hätten. Im Falle eines versuchten redaktionellen Eingriffs, würde ATV die Produktion einstellen.

Im Übrigen möchte ATV festhalten, dass wir uns von der Vorgehensweise des Innenministeriums in der Frage des Umgangs mit Medien und der journalistischen Freiheit distanzieren. Wir werden auch in Zukunft keine Projekte realisieren wo dieser Grundsatz in Frage gestellt wird.“

http://www.prosiebensat1puls4.com/content/beitrag/20180925_atv_stellungnahme.html




13 Antworten auf „#Brieferl No.122– Die blaue Linie“

  1. Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort auf diese unfassbare Überschreitung der roten, oder besser blauen Linie der FP, ein Fußtritt für die Demokratie, der leider lange schmerzen wird. Am Ende eines solchen Tages versuchen alle FP Verantwortlichen wieder nur die missverstandenen Opfer zu sein. Ich hoffe auf ein baldiges Ende dieser Ungeheuerlichkeiten – sprich das Ende dieser „Regierung“. Danke nochmals.

    1. Ich glaube nicht nur HC hat Angst. Auch Sebastian Kurz hat Angst nicht mehr lange Kanzler zu sein. Sonst würde er viel deutlicher sein. Wie lange ihm sein Schweigen hilft ist eine andere Frage. Uns hilft es jedenfalls nicht.

  2. Sehr geehrte Frau Kickl,
    danke für Ihre klaren Worte und die Quellenhinweise.
    Mit hat schon Ihr „Gratulationsbrieferl“ zum Amtsantritt sehr gut gefallen, da er genau ins Schwarze, also ins Blaue, trifft 😉

    In sehr kurzer Zeit läßt diese Partei ihre diversen Masken fallen, eine nach der anderen. Aber, spätestens jetzt, nach dem schleimigen Anbiedern an Salvini, Orbán etc sowie Europazerstörern aus dem Osten, und dem Versuch der Presselenkung ist es dringend an der Zeit, daß die an liberaler Demokratie orientierte Zivilgesellschaft entschlossen aufsteht und klar „Nein!“ sagt.

    Auch, wenn sich der „liebe Cousin“ so schludri-wudri von der Mail distanziert, so ist noch lange nicht gesagt, daß damit die in eine autoritäre Beherrschung zielende Denkweise abgehakt und aus der Welt ist. Im Gegenteil: Man wird halt propagandawirksam Kreide fressen und es später wieder und wieder versuchen.

    Danke für ihr Engagement, das auch dazu beiträgt, wachsam zu bleiben und den Anfängen zu wehren,
    herzlichst
    H. Wild

  3. Dazu passt, wie die Faust auf das Auge (ja wirklich), dass die Ö Wahlschafe ganz wild darauf sind, die ORF Gebühr abschaffen zu wollen, siehe Beteiligung Volksbefragung – begehren oder so.
    Na gut, das passt dem BIMaZ sehr gut, dann wird der Staatsfunk vom Steuergeld finanziert, und muss dann ohne Widerrede tun was der BPMaZ , bester Propagandaminister aZ will.

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