#Brieferl No.166 – Das Ziegenproblem und andere Paradoxa





Lieber Cousin Herbert,

magst du Paradoxa auch so gerne wie ich? Ich finde es immer wieder interessant, wie man als Laie manche Sachen annimmt, die sich dann doch als Unsinn entpuppen. Wie zum Beispiel das “Ziegenproblem“.

Du kennst sicherlich diese Spielshows, in denen man zwischen 3 Türen wählen kann. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass sich hinter 2 Türen jeweils eine Ziege, hinter einer ein schickes Auto versteckt.
Du wählst eine Türe, aber der Moderator macht diese Türe natürlich nicht auf. Er öffnet eine andere und präsentiert dir eine Ziege. Uff, deine Chance lebt!
Nun fragt dich der Moderator, ob du bei deiner ursprünglichen Wahl bleiben willst oder lieber die andere verbliebene Türe nehmen willst.

(Quelle: Wikipedia)

Was tust du? Bleibst du deinem ersten Instinkt für die gewählte Türe treu? Oder wechselst du? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto hinter “deiner“ Türe ist und wie groß, dass es hinter der anderen ist?

Du findest es jetzt sicher total paradox, wenn ich dir sage, dass du deine Türe unbedingt wechseln solltest. Und weil das so unglaublich ist, habe ich noch weitere Paradoxa für dich gesucht und auch gefunden:

Das Hofersche Paradoxon

Stell dir vor, du bist Verkehrsminister. Du gibst ein Gutachten in Auftrag, mit dem herausgefunden werden soll, wie man am besten die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen kann. Das Gutachten sagt dir, dass 100 km/h auf den Autobahnen eine gute Maßnahme wäre.

Das Klima ist dir aber wurscht, weil man mit 140 km/h (auch nicht viel) schneller überall hinkommt. Und du bist schließlich Verkehrsminister, weshalb dich die Umwelt nicht zu interessieren braucht. Weil es doch paradox wäre, wenn du nicht ausschließlich den Verkehr im Sinn hättest.

Deshalb kannst du auch unter keinen Umständen den Abbiegeassistenten verpflichtend einführen. Weil das nämlich Geld kosten würde. Nicht dir selbst, aber der “Wirtschaft“. Das kannst du nicht verantworten, weil du doch weißt: “geht‘s der Wirtschaft gut, geht‘s uns allen gut“.

Blöd ist halt nur, dass eine Dezimierung der Bevölkerung durch Todesfälle im Straßenverkehr der “Wirtschaft“ in dem Sinn auch nix bringt, ausgenommen einer kurzfristigen Belebung der Bestattungsunternehmen. Aber das macht nix. Deshalb gibt es ja “Das Hofersche Paradoxon“.

Das KHBsche Paradoxon

Stell dir vor, du bist Gesundheitsministerin. Als solche bist du striktest gegen das Rauchverbot in der Gastronomie.
Stell dir vor, du bist Sozialministerin und als solche gegen die Beibehaltung der Notstandshilfe. Außerdem bist du davon überzeugt, dass man mit 150 Euro im Monat lockerst über die Runden kommt, weil doch beispielsweise ein Kinobesuch nix ist, was man zum Leben braucht.
Stell dir vor, du bist Arbeitsministerin und als solche weißt du eines ganz genau: die “Wirtschaft“ schafft die Arbeitsplätze, weshalb du gegen den Karfreitag als Feiertag bist.

“Bitte verstehen Sie eines und das sage ich bewusst hier auch als Arbeitsministerin auch, ja! Wer schafft die Arbeit? Wer schafft die Arbeit? WER SCHAFFT DIE ARBEIT? Na sorry – wer schafft die Arbeit? DIE WIRTSCHAFT SCHAFFT DIE ARBEIT! Bitte merkst euch das amal!“

Klar, als Arbeitsministerin bist du nicht denen verpflichtet, die einer “Arbeit“ nachgehen, sondern jenen, die die Arbeit “schaffen“. Im Sinne von “erschaffen“ und nicht “durchführen“ oder “leisten“.
Du musst keine Ahnung von irgendwelchem wirtschaftstheoretischen Firlefanz haben, denn der würde dir eh nur ein Bild geben, das dir so nicht gefällt. Deine simple Welt würde dann nicht mehr funktionieren, was schön blöd wäre.

Das KHB Paradoxon lautet daher: du kannst lockerst genau das Gegenteil von dem tun, was du eigentlich tun solltest – das ist schnurzegal, weil du doch eh Ministerin bist. Dieser ministeriale Arbeitsplatz wird übrigens vom Steuerzahler finanziert.

Das Russwurmsche Paradoxon

Stell dir vor, du bist beim ORF beschäftigt und solltest daher in deinem Gesamtauftritt unparteiisch sein. Oder zumindest so wirken.
Du willst aber auch gerne “Gesundheitskoordinatorin“ für die Regierung sein.
Was machst du also?

Du fragst mal beim ORF nach, wie die sich das so vorstellen. Du hast Glück im Glück, denn es wurden einige Posten neu besetzt, weshalb du davon ausgehen darfst, dass man sich ins Zeug legen wird.

Und tatsächlich! Nach intensiven Beratungen darfst du „ausschließlich als Testimonial für die Themen Gesundheit und Ernährung“ tätig sein. Eine „Beratungs- oder Mitwirkungsfunktion“ für das Ministerium oder Ministerin KHB (nicht zu verwechseln mit dem schönen KHG) kannst du nicht übernehmen.

https://derstandard.at/2000098680399/ORF-Vera-Russwurm-kann-im-Auftrag-des-Ministeriums-fuer-Gesundheit

Du fragst dich jetzt sicher, wie genau es funktionieren soll, dass man als “Testimonial ohne Mitwirkungsfunktion“ durchgeht, oder? Eben! Das ist dann “Das Russwurmsche Paradoxon“.

Um es dir zu verdeutlichen, habe ich weder Kosten noch Mühen gescheut und einen Geheimagenten mit einem Lauschangriff beauftragt.

KHB: “Servus Vera. Du, wir machen jetzt einen neuen Posten auf. Wir brauchen eine Gesundheitskoordinatorin. Weißt eh, das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung liegt uns, und besonders mir, sehr am Herzen.“

Vera: “Seit wann?“

KHB: “Immer schon. Du glaubst gar nicht, wie positiv sich Arbeit für unsere neuen Mitarbeiter und auch Innen auf deren Konto, ähm, Gesundheit auswirkt.“

Vera: “Ob der ORF mich das machen lässt? Weil nicht, dass ich da in eine schiefe Optik komm.“

KHB: “Aber ja. Die werden sagen, du darfst nicht ‘mitwirken‘.“

Vera: “Und wie mach ich das dann?“

KHB:“Na eben gar nicht. Glaub mir, man muss nicht mitwirken, um Wirkung zu entfalten. Ich lese ja auch nur die Reden ab, die mir der Basti durch seine Mitarbeiter zukommen lässt. Und die Leute kaufen mir das immer ab hahaha.“

Vera: “Du bist die beste Gesundheitsministerin aller Zeiten.“

KHB: “Na siehst, geht doch.“

Zum Abschluss will ich dir noch verraten, warum du deine Türe wechseln solltest, wenn eine Ziege bereits ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde.
Bei drei Türen hat jede Türe eine Wahrscheinlichkeit von 33,3%, das sich hinter dieser das Auto verbirgt. Die Wahrscheinlichkeit, dass du eine Türe mit einer Ziege erwischst, liegt bei 2 * 33,3% = 66,6%. Diese Wahrscheinlichkeit bleibt gleich, auch wenn eine Ziegentüre geöffnet wurde.
Daher – wechsle die Türe.

Ich finde das ausnehmend inspirierend, weil man doch das Problem auch umlegen kann – auf Politiker zum Beispiel.

Entpuppt sich der eine oder die andere als Ziege, sollte man seine Türe unbedingt wechseln, damit man nicht die zweite Ziege gewinnt.

Liebe Grüße,
Cousine Daniela




6 Antworten auf „#Brieferl No.166 – Das Ziegenproblem und andere Paradoxa“

  1. Wann checken die Schassklappersdorfer dass sie die Türe wechseln könnten?
    Danke für ihr erfrischendes Geselkschaftsspiel und die Aufklärung der österr. Gesellschaft. Nicht wegzudenken wenn es Sie nicht gäbe.
    Die „Problemlöser“ von Schassklappersland sollte man auf die hochdotierten „Fensterplätze“ der Wirtschaft wegbefördern. Wer will im Land schon auf solche fähigen Leute verzichten?
    Wieder Stimmung im Schassklappersdorf wegen ein „paar“ (300’000) evangelische „Freiertags-Profitierer“. Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ob der EU-GH diese soziale Komponente der Ungleichbehandlung herausrsgend umgesetzt findet?
    Was für eine herausragende österr. Lösung.
    300’000 🤣🥺🤣 🙈 die nun nicht mehr faul herumlungern und in Gotteshäusern die wohlstandsfördernde Arbeit vernachlässigen. 🇦🇹💪🇦🇹

  2. …mir geht mein herz auf, wenn ich den namen kickl lese😘😘😘jedoch grundsätzlich nur, wenn daniela dabei steht und es nicht unser zügelloser gaulreiter ist.
    danke du zauberfrau!🥂

  3. Wird sofort auf allen Kanälen geteilt…eines der genialsten Brieferl aller Zeiten.
    Wenn diese Tragikomödie unserer Regierung Geschichte ist, bitte unbedingt alle Brieferl mit dazugehörigen politischem Zusammenhang als Buch herausbringen!!!
    Mit allerherzlichsten Dank.

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