#Brieferl No.140– Huschi statt Luschi





Lieber Cousin Herbert,

mittlerweile ist es ziemlich huschi geworden. No na, ist ja auch Spätherbst. Da sollte man sich schon ein bisschen wärmer anziehen.

Wirst du eh gut und warm angezogen sein, wenn du morgen zum BVT-Untersuchungsausschuss gehst? Du bist ja ein- bzw. vorgeladen. Ich habe extra für dich das “Handbuch zum Recht der Untersuchungsausschüsse im Nationalrat“ gesucht und gefunden.

Weil ich doch den Eindruck habe, du bist rechtlich irgendwie nicht am neuesten Stand. Wobei man das so eigentlich auch nicht sagen kann, denn beispielsweise das Verbotsgesetz gibt es schon seit dem Jahr 1947. Okay, ist vielleicht schon wieder zu alt, um sich noch damit auseinanderzusetzen.

Du hattest nämlich in der parlamentarischen Anfrage am Mittwoch, 21. November folgenden Satz von dir gegeben:

“… werden dann auch noch die Begriffe Rechtsextremismus, Neonazi – alles Dinge, die unsere Rechtsordnung im Übrigen in der Form NICHT kennt, dass das jetzt Straftatbestände wären …“

Ja, ich weiß eh. Das ist alles nicht so leicht mit den Gesetzen.
Erstens hat sich das Verbotsgesetz hinterhältigerweise als Bundesverfassungsgesetz versteckt und ist nicht im Strafgesetzbuch zu finden, wo der ministeriale Laie es vermuten könnte.
Und zweitens steht da bitte NIX von “Neonazis“, sondern lediglich, dass man beispielsweise die NSDAP oder die SS nicht aufrechterhalten oder wiederherstellen darf. Und sich auch sonst nicht irgendwie “wiederbetätigen“ darf. Aber eben nix von “Neo“-Irgendwas.

Aber dafür hast du ja mich und schon weißt auch du, dass Neonazis sehr wohl auf Grund des Verbotsgesetzes hinter schwedischen Gardinen verschwinden können. Es kann auch zu bedingten Strafen kommen, wie sie beispielsweise der Papa vom Johann Gudenus ausgefasst hatte.

Warum ich so genau mit dir darüber spreche, liegt auf der Hand: wenn du nämlich morgen als Auskunftsperson in den BVT-UA geladen wirst, dann musst du bitte dort die Wahrheit (!) sagen.

In dem zuvor erwähnten Handbuch steht nämlich auf Seite 168:

“Sofern eine Befragung unter Wahrheitspflicht erfolgen soll, ist das Mitglied der BReg als Auskunftsperson zu laden.“

Und wenn du morgen also nicht die Wahrheit sagst und sie dir draufkommen, dann haben sie dich eventuell am Schlafittchen.

“Gemäß § 288 Abs. 1 iVm Abs. 3 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer im Verfahren (u. a.) vor einem UsA als Auskunftsperson bei seiner/ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt“

Drei Jahre können schon lang sein. Und ob es im Gefängnis nicht auch eher huschi ist, wissen wir glücklicherweise nicht. Ich mag ja “huschi“ viel lieber als “kalt“.
Kalt alleine ist eh schon kalt genug, da kann man es sich mit “huschi“ ein bisschen gemütlicher machen, zumindest verbal. Und “huschi“ hat auch den Vorteil, multifunktional zu sein. Da gibt‘s ja Leute, denen man nachsagt, sie seien “huschi im Kopf“. Antritscht sozusagen.

Das ist mir im Zusammenhang mit dem beschlossenen Gesetz zur Sozialversicherungsreform aufgefallen, wo für eben diese Reform schon vor einem Parlamentsbeschluss gehandelt werden soll.

Wir dürfen gespannt sein, ob unser Bundesbelli das Gesetz tatsächlich unterschreiben wird. Was den Vorteil hätte, dass man nicht wieder den VfGH anrufen muß.

“Vor allem die Neos wünschen sich, dass Van der Bellen das Gesetz erst gar nicht beurkundet.“

https://diepresse.com/home/innenpolitik/5536400/Sozialversicherung_Verweigert-Van-der-Bellen-die-Unterschrift

Ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen jenen gibt, die huschi im Kopf sind, und jenen, die das soziale und demokratische Klima kälter, also huschier machen wollen?

Eine niedrigere Mindestsicherung macht es ja auch noch einmal mehr huschi für die Betroffenen. Obwohl es ja gar nicht huschi werden soll, wenn es nach ÖVP-Klubchef August Wöginger geht, sondern lediglich darum „die Leute aus der sozialen Hängematte zu holen“.
Eh wahr. Diese faulen Luschis. Da wird es Zeit, dass sie endlich mal die Realität zu spüren bekommen, und die ist eben huschi. “Huschi statt Luschi“ lautet die Devise.

Ich bin mir ja ziemlich sicher, dass die FPÖ wieder irgendein lustiges Video teilen oder wahlweise Gottfried Waldhäusl oder Johann Gudenus zu einer verbalen Nebelgranate verdonnern wird, mit welcher der Huschi-Faktor der neuen Mindestsicherung verdeckt wird.

Also, lieber Herbie, nicht den warmen Mantel morgen vergessen! Und auch nicht das mit der Wahrheitspflicht. Damit es dir auch in Zukunft nicht huschi wird.

Liebe Grüße,
Cousine Daniela




10 Antworten auf „#Brieferl No.140– Huschi statt Luschi“

  1. Hervorragend geschrieben! Hoffentlich nützt auch der wäre Mantel nichts!!! Und der Bundespräsident mischt sich endlich ein um diesen Freibrief der Politischen Willkür abzuwehren!! Danke Daniela💕🌻

  2. Hallo Daniela,

    klasse geschrieben, wie immer, bleibt nur zu hoffen das er sich vertut damnit die Ära Kickl im IM endlich vorbei ist, wobei, wer weiss was dann kommt, so haben wir wenigstens ein wenig zu lachen mit dem Möchtegern-Napoleon.

  3. Wahrscheinlich hat er das mit Neonazis etc. auch deshalb in so komischen Halbsätzen (die irgendwie an Trump’sche Diktion erinnern) dahergerotzt, damit er im Ernstfall sagen kann, er habe es nicht so gesagt/gemeint. Hauptsache, bei Küssel & Co ist es angekommen. Apropos Küssel: Ist sein handgreiflicher Auftritt mit 2 Begleitpersonen und fremdenfeindlichen Parolen in der Wiener Neustädter Latino-Bar vom 17. 10. 2010 / 3 Uhr morgens je gerichtlich geahndet worden?

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