#Brieferl No.197 – Ein Fest, zwei schicke Posten und liegend Umfallende





Lieber Cousin Herbert,

seit dem letzten Brieferl ist zwar nicht allzu viel Zeit vergangen, aber dennoch haben wir inzwischen unsere erste Bundeskanzlerin und eine Regierung mit schmissigem Anteil.

Ich bin ja immer wieder doch verwundert, dass es in der aktuellen Situation offensichtlich nicht möglich ist, ausschließlich Personal ohne Wehrsport/Paintball/Neonazi-Vergangenheit zu finden.

Ich freue mich aber, dass wir alle den neuen Minister für Verkehr, Innovation und Technologie, Andreas Reichhardt, bereits aus dem Brieferl No.65 – Ja ja ja blau blau blau blüht die Bundesbahn dideldideldum kennen.

Und soll ich dir was sagen? Er ist eh auch immer noch 2. Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖBB-Holding AG. Na ja, inhaltlich passt das gut zusammen, gehaltstechnisch sicher auch und von einem Interessenskonflikt kann natürlich nicht die Rede sein. Macht er den einen oder den anderen Job eigentlich ehrenamtlich? Frag doch mal bitte nach, das würde mich wirklich interessieren.

Die neue Kanzlerin macht sich bei mir insofern schon mal ein bisschen beliebt, als es fortan nur noch zwei Generalsekretäre gibt. Ich bin gespannt, ob sie an Bastis “Think Austria“ festhalten wird oder nicht. Dass der Basti denken lassen musste, war keine Überraschung, aber ich habe das Gefühl, dass die vormalige Präsidentin des VfGH das nicht notwendig hat.

Nicht ganz so beliebt macht sie sich mit ihrer restriktiven Kommunikationspolitik.

“Die Fachminister sollen am besten nur mit ‘Fachjournalisten‘ sprechen, alles nur über die Pressesprecher laufen lassen und Interviews nur mit dem Büro der Bundeskanzlerin abstimmen.“

ControlLikeBierlein?

Ich überlege gerade, was genau denn “Fachjournalisten“ sind. Sind das Journalisten, die in einem Fach etwas schreiben oder die von einem Fach etwas verstehen? Das muss ja nicht zwangsläufig Hand in Hand gehen. Vielleicht bestimmen ja die jeweiligen Fachminister, wer genau ein Fachjournalist ist und wer nicht.
Ob Minister Reichhardt dann ausschließlich mit “unzensuriert“ oder “Alles Roger?“ kommuniziert?

Ach, und unser Altkanzler, der Basti. Den dürfen auch keinesfalls vergessen. Was war er nicht völlig ahnungslos, als er letzte Woche im BVT-Untersuchungsausschuss befragt wurde. Faktisch von gar nix hat er gewusst.

“Er habe ja ohnehin Kickl wiederholt konfrontiert, und der habe ihm ja versichert, dass die Medienberichte falsch seien, sagte er sinngemäß. Ja, das ist derselbe Sebastian Kurz, der Kickl nun mit fadenscheinigen Argumenten aus dem Innenministerium werfen wollte, um die Koalition mit der FPÖ zu verwerfen.“

Ein Kanzler, der nichts wissen wollte

Da ihn offenbar nicht viel interessiert, außer “gute Stimmung“ zu verbreiten, möchte ich dich noch was bitten: frag doch mal nach, warum genau das “Kanzlerfest“ mit Steuergeldern und nicht aus der Parteikasse bezahlt wurde?

Ach so. Blöd. Du wirst ihn vermutlich nicht mehr sehr oft sehen, weil er doch beleidigt nach dem Misstrauensantrag das Parlament verlassen und dem Nationalrat gesamt vorläufig den Rücken gekehrt hat. Aus seiner Kürzlichkeit wurde kurzfristig sogar seine Großzügigkeit, weil er doch auf sein Gehalt verzichtet hat. Dass ihm das eigentlich gar nicht zusteht, hat er wahrscheinlich auch wieder nicht gewusst.

Peter Pilz hat es mal wieder schön auf den Punkt gebracht:

„Er war der Spitzenkandidat der ÖVP für den Nationalrat. Aber Abgeordneter ist ihm zu minder. Ich habe selten einen Politiker erlebt, der die parlamentarische Demokratie so gering schätzt.“

Ich freue mich jedenfalls, dass du dich wahrscheinlich als Spitzenkandidat für die Blauen in Niederösterreich in den Wahlkampf werfen wirst. Andererseits stellt sich natürlich die Frage: wer denn sonst? Ein singender Wahlkampf mit Udo Landbauer wäre wegen der vielen schwarzen Stellen im Liedgutmaterial wahrscheinlich schwierig. Und Gottfried Waldhäusl strahlt ja auch nur hinsichtlich seiner „fragwürdigen Geschäfte“ echte Kompetenz aus. Passt halt auch irgendwie nicht ganz so super zur “sozialen Heimatpartei“.

Andererseits weiß ich auch nicht, ob ein dementer Kandidat das Optimum ist. Ich mache mir nämlich ernsthafte Sorgen um deine geistige Befindlichkeit, nachdem ich dein Video “Das wahre Gesicht der ÖVP: Volkspartei stimmt Rauchverbot zu!“ gesehen habe.

Am 22. Mai 2015 hast du die Öffentlichkeit via Presseaussendung wissen lassen:

„Ergebnis des schwarzen Widerstands gegen Registrierkassenpflicht oder das Rauchverbot in der Gastronomie: null“

Und außerdem:

“Wie gewohnt wird die ÖVP nach den Wahlen umfallen – im Liegen“

So weit, so gut. Deine Vorhersagen trafen tatsächlich ein und am 8. Juli 2015 wurde das Rauchverbot für die Gastronomie beschlossen. Mit den Stimmen der gesundheitsbewussten ÖVP, als sie noch schwarz war. Warum kannst du dich daran nicht erinnern? Oder tust du nur so, um deine Fans bei Laune zu halten?

Oder hast du den Satz aus dem Video “Es ist eine Frage der politischen Reife und Aufrichtigkeit, dass man gemeinsam gefasste Beschlüsse nicht rückgängig macht“ eh damals dem Basti auch gesagt, als er plötzlich gemeinsam mit euch gegen das Rauchverbot war?

Der absolute Clou an der Sache: bei der “Entschließung des Nationalrates vom 8. Juli 2015 betreffend gewerberechtliche Regelung von Raucherzonen im Freien“ hat auch die FPÖ zugestimmt!

Das verstehe immer noch nicht. Gegen das Rauchverbot sein, aber dem Antrag zur Konkretisierung der Raucherzonen zustimmen. Das muss unter die Kategorie “höhere Politik“ fallen, die dem gemeinen Staatsbürger wie mir nicht zugänglich ist.

Also Herbert, auch wenn schon dein Parteikollege Norbert Hofer wusste, dass wir uns noch alle wundern werden: Wundere dich lieber nicht, wenn die “türkise Mäderl- und Buberlpartie“ (das ist ein schönes Zitat vom 20. Juni 2017, das ich mir so gerne von dir ausborge) wieder einmal im Liegen umfällt. Das ist bei Opportunisten so.

Liebe Grüße,
Cousine Daniela




2 Antworten auf „#Brieferl No.197 – Ein Fest, zwei schicke Posten und liegend Umfallende“

  1. Ich fürchte, wir werden im Herbst dann diese Buberl/Mäderlpartei wieder sehen. Denn dass gewissen Personen über den Sommer plötzlich Vernunft annehmen, ist nicht zu erwarten.
    Also zurücklehnen und abwarten ist nicht drin.

  2. Ich stimme Frau Schnabl voll und ganz zu! Zurücklehnen und abwarten geht gar nicht! Also Ärmel aufkrempeln, in die Hände spucken und los ab in einen harten, aber ehrlichen Wahlkampf mit Themen die für alle wichtig sind + Vorschlägen!!!

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