Lieber Cousin Herbert,
wie geht es dir denn? Schlecht wahrscheinlich, weil nicht DU es sein wirst, der die präventive und lebenslange Sicherungshaft einführen kann. Armer Herbie!
Da hast du dich ewig bemüht und dich sogar mit
aus dem Fenster gelehnt, aber außer Kritik hast DU nix geerntet. Die Welt ist und bleibt in höchstem Maße ungerecht!
Aber vielleicht geht es dir eh super gut, weil es dir egal ist, dass es die türkise Schnöseltruppe mit grünem Manterl ist, diedeine Visionen umsetzt. Hauptsache, es geht was weiter!
Ich erinnere mich an den Grünen Bundeskongress am 4. Jänner 2020. Da hat uns der Rudi Anschober ein bis heute ungeklärtes, aber dafür umso tolleres Gschichtl gedruckt:
„Ich habe es mal durchgezählt. Wir haben rund 30 Grauslichkeiten rausverhandelt.“
Alma Zadic hat uns erzählt, sie hätten verankert, dass „die Grund- und Menschenrechte gestärkt werden“.
Na ja, vielleicht ist man aus Koalitionsräson davon abgekommen. Oder man hat die 30 Grauslichkeiten eben wieder reinverhandelt. Alein der Not gehorchend versteht sich, warum auch sonst!
Irgendwie ist alles ziemlich deppert momentan, egal wohin man schaut. Eine nur bedingt fähige Regierung lässt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in ungeahnte Höhen schnellen, dafür sind die dem Innenminister unterstellten Amtln nicht in der Lage, ein Attentat zu verhindern. Was mich dazu gebracht hat, ein neues Paradoxon anzudenken.
Du kannst dich sicherlich noch an die diversen Effekte erinnern, die wir bereits einmal besprochen hatten. Der Kolm-Dolm-Effekt war ebenso dabei wie der Strache-Twitter-Effekt, der Rosenkranz-Effekt und der HH-Effekt und natürlich der Bast&Bumsti-Effekt.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Hirn immer mehr Mangelware wird, besonders bei den Verantwortlichen. Da ist es auch besonders schade, dass es den „Brain-Shake“ nimmer gibt.
Aber zurück zu meinem neuen Paradoxon:
Ich weiß jetzt nicht, ob du sie auch noch kennst, die Marianne Bachmeier.
Die allein erziehende Mutter hatte im Jahr 1981 während des Strafprozesses den wegen Mordes an ihrer Tochter Anna angeklagten Klaus Grabowski erschossen.
Oh, wie ich diese Frau verstehen kann. Ich würde wohl, sofern ich mir Zugang zu einer Waffe wie auch dem Gerichtssaal verschaffen könnte, ganz genauso handeln. Auch in dem Bewusstsein, dass es Unrecht ist, was ich tue.
Auf der anderen Seite bin ich von jeher eine strikte Gegnerin der Todesstrafe. Weil es, um es kurz zu halten, nicht sein darf, dass der Staat ein Mittel einsetzt, das er selbst völlig zurecht verbietet, nämlich die Tötung eines anderen, egal aus welchen Gründen.
Ich kann also in meiner Funktion als Mutter durchaus die Marianne Bachmeier verstehen und würde vielleicht sogar gleich handeln, aber ich werde daraus keine Regel für ein staatliches Tötungsmonopol ableiten.
Es gibt nämlich einen wesentlichen Unterschied zwischen der persönlichen Befindlichkeit (und sei sie noch so nachvollziehbar) und der Regel, die wir daraus für die gesamte Gesellschaft ableiten. Aber genau das passiert viel zu oft und in viel zu vielen Bereichen.
Jeder kann Zorn und auch Angst vor fanatischen Islamisten nachvollziehen, die gerne eine Gesellschaft auf Basis der Scharia installieren wollen.
Darf man daraus ableiten, dass potenzielle Vertreter dieser Anschauung lebenslang präventiv ins Gefängnis kommen?
Nein!
Jeder kann wahrscheinlich nachvollziehen, wie sehr uns die ganzen Corona-Maßnahmen schon anzipfen, zumal sie auch noch suboptimal organisiert und noch schlechter kommuniziert werden.
Darf man daraus ableiten, dass das alles ein Blödsinn ist, wir lieber Party machen, ins neu eröffnete Möbelhaus einkaufen gehen und Masken eh nur Unsinn sind?
Nein!
Und wenn sich jemand von einem anderen rassistisch oder sexistisch verfolgt fühlt, so ist auch diese Emotion völlig berechtigt.
Darf man deshalb die Regel aufstellen, dass alle Weißen Rassisten sind und Männer sowieso grundsätzlich das Letzte vom Letzten?
Nein!
Es mutet tatsächlich paradox an, wenn wir doch alle gefühlsmäßig so viel nachvollziehen können und es dennoch nicht wollen, dass unsere Gefühle auf das große Ganze übertragen werden.
Und genau damit spekulieren Populisten von allen Seiten.
Die Rechtspopulisten nehmen unsere berechtigte Abneigung gegen eine Scharia-Gesellschaft und reden uns ein, dass wir sie mit mehr Überwachung und Präventivhaft verhindern können.
Die Linkspopulisten spielen mit den Gefühlen von Einzelnen, erheben sie zur allgemeingültigen Weisheit und erklären das eingeimpfte schlechte Gewissen zur Lösung aller Probleme.
Da müssen wir aufpassen wie die Haftlmacher, dass wir uns weder von denen einen noch von den anderen ins Boxhorn jagen lassen. Sonst haben wir nämlich irgendwann den Scherm aber so was von auf, dass wir uns nur noch wundern werden.
Und vielleicht hilft ja mein Bachmeier-Paradoxon dabei, dass wir uns alle nicht so leicht einlullen lassen. Weder von dir und der FPÖ, noch von der türkisen Schnöseltruppe und schon gar nicht von den Grünen, die der Spagat zwischen Rechts- und Linkspopulismus früher oder später wohl in Stücke reißen wird.
In diesem Sinne: Bauch rein, Brust raus, Maske auf!
Liebe Grüße,
Cousine Daniela