#Brieferl No.340 – 4 Grundtypen, die man weder in der Pandemie noch bei einer Wanderung brauchen kann





Lieber Cousin Herbert,
nichts, ja wirklich NICHTS auf der Welt kann so dermaßen blöd, unnötig und insgesamt deppert sein, dass man nicht auch daraus lernen könnte!
Bevor du dich künstlich aufpudelst oder hämisch freust – nein, ich meine weder dich noch den Basti. Ich meine die depperte Corona-Pandemie!

Ich zum Beispiel lerne viel über die Menschen. Da haben sich Grüppchen (im Geiste oder auch in echt) gebildet, bei denen streifst am besten gar nicht an. Nicht nur, dass man oft aggressiv von ihnen niedergemacht wird. Nein, die wären wohl auch in einer anderen Situation als Partner oder selbst Mitläufer völlig ungeeignet.

Stellen wir uns also vor, wir unternehmen eine gemeinsame Wanderung. Zu Ehren vom Basti und auch, weil es dort Bären gibt, die schon mal jemanden ins Jenseits befördern (können), machen wir diese im US-amerikanischen Yellowstone Nationalpark!

Nicht nur hier finden wir nun 4 Typen von Mitwanderern, die wir garantiert NICHT mitnehmen wollen, aber leider müssen.

Sprüche:

„Die biologische Familie der Bären gehört zur Unterordnung der Hundeartigen, weshalb der Bär mit dem Chihuahua verwandt und deshalb völlig harmlos ist! Jeder, der etwas anderes behauptet, will nicht nur Panik verbreiten, sondern steht mit Sicherheit auf der Gehaltsliste der Bärenspray-Lobby!“

„Bären sind herzige und harmlose Tierchen, was der Teddybär in Millionen von Kinderzimmern beweist! Oder glaubt irgendwer, dass man Kinder bewusst traumatisieren wollte? Eben!“

Analyse:

Der „ein Bär ist auch nix anderes als ein Chihuahua“ Verharmloser bedient sich eines kleinen, willkürlich herausgepickten Stückchens von Fakten, auf dem er dann seine eigene „Wahrheit“ aufbaut. Der Bär gehört tatsächlich zu den Hundeartigen und Teddybären sind wirklich sehr beliebte Kuscheltiere.

Profiling:

Der „ein Bär ist auch nix anderes als ein Chihuahua“ Verharmloser hat genug Bildung und Intellekt, um gewisse Fakten für sich drehen zu können. Aber er verfügt über zu wenig, um auch Fakten anzuerkennen, die ihm nicht zu Gesichte stehen.
Er ist meistens männlich und dem rechten, konservativen und/oder libertären Lager zuzuordnen. Er geniesst die Aufmerksamkeit, die er von intellektuell noch Minderbegabteren bekommt.

Wirkung auf die Mitwanderer:

Die einen lieben ihn, weil endlich einer da ist, der mutig die Wahrheit sagt. Die anderen sind mittlerweile entnervt und haben es auch aufgegeben, die Unterschiede zwischen Bär und Chihuahua zu erklären. Auf die Gruppendynamik wirkt der „ein Bär ist auch nix anderes als ein Chihuahua“ Verharmloser negativ.

Sprüche:

„Ich bin ein gesunder Mensch mit selbstdenkendem Hirn und das letzte, was jemand wie ich braucht, ist ein Bärenspray! Wenn die anderen das unbedingt wollen, dann sollen die Deppen das ruhig machen, ich sicher nicht!“

„Wurden die Auswirkungen auf meine Handgelenke beim Auslösen des Sprays schon eingehend untersucht? Ich glaube nicht!“

„Mein Körper sagt mir, dass ich keine Angst vor Bären haben muss und wenn ich während unserer Wanderung jeden Baum umarme, dann bekomme ich von Mutter Natur genug Energie, um mit allem fertig zu werden!“

Analyse:

Der „ich nehme sicher keinen Bärenspray mit“ Kamerad fährt die emotionale Schiene. Echte Fakten sind rar, dafür gibt es mehr von dem, was man unter Esoterik subsumieren kann.

Profiling:

Der „ich nehme sicher keinen Bärenspray mit“ Kamerad verfügt über weniger Bildung als der Bären-Verharmloser. Er ist tendenziell weiblich, befindet sich in allen Altersgruppen und ist eher dem linken oder grünen Lager zuzuordnen.

Wirkung auf die Mitwanderer:

Der „ich nehme sicher keinen Bärenspray mit“ Kamerad wirkt a priori sehr sympathisch und kümmert sich auch gerne um seine Mitwanderer. Diese sind zwar oft genervt von ihm, finden ihn aber meistens nicht ganz so blöd wie den „ein Bär ist auch nix anderes als ein Chihuahua“ Verharmloser. Wenn man das Thema „Bären“ vermeidet, ist er ein sehr angenehmer Mitwanderer.




Sprüche:

„Egal, was ihr bisher gehört habt und wie viele Bärenspraydosen ihr auch mithabt – es wird noch schlimmer kommen! Wir werden alle gefressen werden! Welcher Trottel ist überhaupt auf die Idee gekommen, dass wir ausgerechnet HIER wandern gehen? Ah, die Kickl wieder! TYPPPISCH!“

„Jemand, der sich über den moralisch-humanistischen Grundkonsens hinweg setzt und keinen Bärenspray mit hat, ist ein Nazi! Punkt! Das sind wir den Opfern der jährlichen, ja täglichen Bärenattacken schuldig!“

Analyse:

Der „Bären sind die größte Gefahr aller Zeiten“ Panikmacher glänzt mit seinem Wissen und paart es geschickt mit daraus resultierender moralischer Überlegenheit. Er ist versucht, ständig den Bären-Teufel an die Wand zu malen. Zudem lässt er keine Gelegenheit aus, um zu zeigen, dass ER zu den Guten gehört und schlussfolgert daraus, dass alle anderen, die nicht seiner Ansicht sind, zum moralischen Abschaum gehören. Das lässt er sie auch gerne spüren.

Profiling:

Der „Bären sind die größte Gefahr aller Zeiten“ Panikmacher ist gebildeter als die bisherigen Mitwanderer. Es gibt ihn in männlicher und weiblicher Form und er ist immer dort zu finden, wo man aktuell auf der moralisch „richtigen“ Seite steht. Egal ob eine Veranstaltung für/von Black Lives Matter, Fridays For Future oder irgendein Lichtermeer – er ist immer mit von der Partie! Er ist dem pseudolinken Lager zuzurechnen, das sein Heil im Tschendersternchen findet.

Wirkung auf die Mitwanderer:

Der „Bären sind die größte Gefahr aller Zeiten“ Panikmacher nervt die Mitwanderer sehr. Dabei sind es weniger die Fakten, mit denen man ununterbrochen behelligt wird, die ein Gefühl der Aggression auslösen, sondern vielmehr sein permanentes Moralisieren. Diese Reaktionen sind Wasser auf seine Mühlen, denn sie gelten ihm als Beweis, dass es sich bei seinen Mitwanderern um lauter Nazis handeln muss.

Sprüche:

„Mir geht diese Wanderung schön langsam auf den Allerwertesten! Bitte, ich bin ja gerne mitgegangen, wirklich! Ich habe mich auch immer an alle Regeln gehalten und habe nicht einen, nicht zwei, sondern sogar DREI Bärensprays mit! Und jetzt reicht es mir! Es ist mir komplett egal, ob da jetzt plötzlich viele Bären mit Jungen sind! Und die Ausrede, dass es logischerweise mehr Bärenattacken gibt, wenn mehr Bären unterwegs sind, noch dazu mit Jungen, lasse ich SICHER NICHT gelten! Sind Sie vielleicht Bärenspezialist? Eben!“

Analyse:

Der „ich bin ein Star, holt mich hier raus und das JETZT“ Trotzkopf erzählt bei jeder Gelegenheit, dass ER ALLE Maßnahmen zur Prävention von Bärenattacken IMMER mitgetragen hat und leitet daraus den Anspruch auf eine gemütliche, von Bären unbelastete Wanderung ab. Er stampft gerne mit dem Fuß auf und nervt damit seine Mitwanderer, die ihm dafür den emotionalen Status eines Fünfjährigen zuschreiben. Er fühlt sich daher von den Mitwanderern bevormundet, was dazu führt, dass er sich erst recht im Recht fühlt.

Profiling:

Der „ich bin ein Star, holt mich hier raus und das JETZT“ Trotzkopf verfügt über ein hohes Bildungsniveau und einen entsprechend angesehen Job, in dem er anderen was „zu sagen“ hat. Ein typischer Satz im Berufsleben, den er gerne von sich gibt, lautet: „Sie wissen wohl nicht, mit wem Sie gerade reden, oder?“.
Damit macht er auch im täglichen Leben klar, dass SEINE Wünsche aufgrund der Position umzusetzen sind, egal ob dies möglich ist oder nicht.
Dadurch fühlt er sich „berechtigt“, auch bei unserer Wanderung entsprechende Forderungen zu stellen. Er ist meistens männlich und dem rechten, konservativen und/oder libertären Lager zuzuordnen.

Wirkung auf die Mitwanderer:

Der „ich bin ein Star, holt mich hier raus und das JETZT “ Trotzkopf ist neben dem „Bären sind die größte Gefahr aller Zeiten“ Panikmacher der nervigste Mitwanderer. Das Gejammere in Kombination mit der Forderung nach sofortiger Änderung der Umstände macht ihn zudem ziemlich unsympathisch.

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Glücklicherweise sind die meisten unserer Mitwanderer sehr angenehm. Ja, auch sie sind manchmal verzweifelt und angefressen, aber trotzdem im Endeffekt positiv. Manchmal emotional und physisch überfordert, aber dennoch zuversichtlich.

Sie sind gut ausgerüstet und lassen sich weder von den Panikmachern verunsichern noch erliegen sie dem unbegründeten Freiheitsanspruch der Trotzköpfe. Sie wissen, was zu tun ist, und dass es halt noch ein bisserl dauern wird, bis alles wieder gut wird.

Danke an die vielen Tausenden Mitwanderer, mit denen man auch gerne eine Wanderung durch den Yellowstone Nationalpark unternimmt!

Liebe Grüße,
Cousine Daniela



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