Liebe Daniela Kickl,
auf dem Grünen Bundeskongress war Flora Lebloch meines Wissens die einzige Rednerin, die das ausverhandelte Regierungsprogramm ernsthaft kritisierte und es aus tiefgrüner Überzeugung ablehnte. Alle anderen hingegen schienen sich schon tierisch aufs Mitregieren zu freuen.
Darum meine Frage:
Muss man die Grünen künftig in Flora und Fauna untergliedern?
Die einen, die inständig hoffen, der (Blüten-)Kelch türkis getürkter Highlights „aus beiden Welten“ möge an ihnen vorübergehen, während es die anderen schon nicht mehr erwarten können, der ÖVP gehorsam die Steigbügel zu halten, sich von ihr dann wirklich besteigen zu lassen und vor Selbstzufriedenheit abschnaubend loszutraben, um den Fernsehwastl auf seinem zweiten Ritt nach Schasklappersdorf zu tragen?
Die Angelobung beim Bundespräsidenten schien meinen Verdacht dann richtig zu erhärten. Da wurden den gefügigen Pferderln ihre Bestallungsurkunden ausgefertigt. Und das neue Regierungsprogramm scheint auch nicht dafür da zu sein, echte Grüne wirklich satt zu machen. Im Gegenteil: Bei dessen türkis-blauschimmeligem Stallgeruch brauchen die grünen Klepper einen richtigen Saumagen, damit sie auch nur einen Bissen davon hinunterkriegen.
Aber es sind genügend Leckerlis darin versteckt, damit sie nicht bocken – um die Mäuler zu stopfen, damit es auf dem Weg nach Schasklappersdorf auch immer klappt, dass sie die Klappe halten. Und so stelle ich mir unser neues Klimaschutzsuperministerium – in metaphorischer Sebastianisierung, das heißt: Verkürzung – wie ein überdimensioniertes Maiskeimringerl vor.
Oder ist diese Interpretation übertrieben?
Fragend schaut, auch freundlich winkt und sendet liebe Grüße
Harald aus Wien
🙂
Lieber Harald,
vielen herzlichen Dank für deine Anfrage und noch mehr – dein Vertrauen.
Mit der Flora Lebloch hast du vollkommen recht. Diese mutige junge Frau nutzte tatsächlich die Gelegenheit, um ihren Unmut kundzutun. So sagte sie beispielsweise am Bundeskongress:
Um auf deine Frage “Muss man die Grünen künftig in Flora und Fauna untergliedern?“ kurz und knapp zu antworten: Ja, und nicht nur sie!
Warum? Du erinnerst dich sicher an den “Ohrwaschlkaktus“, die zärtliche Liebesbekundung seitens unseres Bumsti für seine Kürzlichkeit, den Basti-Heiland. Diese neue Tradition “Pflanzen- statt Tiernamen“ wurde im Brieferl No. 177 meinem lieben Cousin „Dioptriendistel“ beschrieben.
Die grüne Flora hat also den Ohrwaschlkaktus vielleicht aufgrund ihrer gemeinsamen, pflanzlichen Wurzeln als das erkannt, was er ist.
Allerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass die spezielle Spezies Mantis religiosa Bastiani (kurz MRB), eine Unterart der Mantis religiosa (Europäische Gottesanbeterin), dem Gebiet Fauna zuzuordnen ist.
Seine Kürzlichkeit, wie es sich für einen Heiland gehört, ist jedenfalls sehr wandlungsfähig. Nicht nur der Ohrwaschlkaktus und die Gottesanbeterin stehen ihm zur Verfügung, auch die Rolle des international anerkannten Chamäleons passt total.
“If nothing else, the new coalition shows Mr. Kurz’s skills as a political chameleon.“
Unter diesem Flora/Fauna-Aspekt können wir freilich die gesamte neue Regierung betrachten.
Das Plus-Blümerl (Flora)
Wer, wenn nicht das Plus-Blümerl, ist geeignet, den Finanzminister zu geben und für die Verteilung der Staatseinnahmen verantwortlich zu sein.
Potentielle ministeriale Nachfolger können schon jetzt ihre Bewerbung an team@gernot-bluemel.at senden. Unter dem Motto „Mein Konto war noch NIE im Minus“ sind entsprechende Nachweise der Bewerbung beizufügen.
Wenn er als Finanzminister genauso gut ist wie die gesamte türkise Nach-Wahlkampf-im-Minus-Partie, können wir natürlich schwarz für die Zukunft des Landes sehen. Was dem Plus-Blümerl vermutlich nichts ausmacht, will er doch eh in den Wiener Wahlkampf ziehen.
Die Legion der Leistenkrokodile (Fauna)
Unser Heiland-Basti, Chamäleon, Ohrwaschlkaktus und Gottesanbeterin in Personalunion, hat sich das bei Leistenkrokodilen besonders ausgeprägte Heimfindeverhalten zunutze gemacht.
So finden wir in seinem Kabinett lauter alte Bekannte wieder:
Bernhard Bonelli kennen wir von seiner Nähe zum “Opus Dei“.
Gerald Fleischmann ist jener Mann, von dem wir dank Helmut Brandstätter wissen, dass sein Vorgehen betreffend “Druck auf Redakteure“ als “besonders brutal“ anzusehen ist.
Markus Gstöttner kennen wir als getreuen Gefährten in Reiseangelegenheiten, der sich auch gerne mit unserem Basti fotografieren lässt.
Und auch eine alte Bekannte, die während der Kanzlerschaft von Brigitte Bierlein schnöde ihres Think-Austria-Tanks beraubt wurde, ist wieder da!
Pferderln, soweit das Auge reicht (Fauna)
1) Das trojanische Pferderl
Noch im Juli 2017 waren die Grünen wenig bis gar nicht gar nicht von der Idee des Bundestrojaners angetan.
Auch noch am 26. April 2018 haben die Grünen gemeinsam mit der SPÖ gegen den Bundestrojaner gestimmt, und zwar im Bundesrat.
Den Bundestrojaner-Vogel hat wohl die derzeitige Justizministerin Alma Zadic abgeschossen, als sie sich noch am 11. Dezember 2019 (also ein bisserl länger als einen Monat her) beim VfGH bedankt hatte.
Blöd halt, dass der Bundestrojaner jetzt im Regierungsprogramm zu finden ist.
Dazu passend wissen wir, dass auch ein “Pornofilter“ kommen soll, mit dem wir und noch mehr die Kinder angeblich geschützt werden sollen. Dass es sich dabei um einen massiven Eingriff in die Freiheit des Internets handelt und so ein Filter außerdem kaum wirksam ist, scheint nichts auszumachen.
Kombiniert mit dem angekündigten “Kampf gegen Hass im Netz“ und dem EuGH-Urteil, das wir der Initiative der ehemaligen Grünen Eva Glawischnig zu verdanken haben, kommt einem das Gruseln …
2) Der zweite Ritt nach Schasklappersdorf
Wenn wir Herbert “Dioptriendistel“ Kickl und seiner Begeisterung über das Regierungsprogramm (diesmal) trauen dürfen, so wird der Ritt nach Schasklappersdorf gnadenlos fortgesetzt.
Der letzte Newsletter von “Aktive Arbeitslose“ trug den hübschen Titel:
“Regierungsprogramm: Grüne opfern Arme und Arbeitslose und VIELES mehr am Altar der Macht“
Unter anderem war zu lesen:
“Beim Kapitel AMS werden die Versicherungszahler im Ernstfall nach wie vor als rechtlose Objekte behandelt. Geradezu als Drohung sehen wir die Ankündigung ‘Weiterentwicklung des Arbeitslosengeldes mit Anreizen, damit arbeitslose Menschen wieder schneller ins Erwerbsleben zurückkehren können‘. Die Regierung unterstellt also nach wie vor, dass nicht fehlende Arbeitsplätze und diskriminierendes Verhalten der Unternehmen verantwortlich für die Lohnarbeitslosigkeit sind, sondern die Opfer der kapitalistischen Wirtschaft selbst, die nicht fit genug für den Arbeitsmarkt seien. Selbst die Abschaffung der Notstandshilfe wäre mit dieser schon von der vorherigen schwarzblauen Regierung verwendeten Formulierung möglich!“
Ich wollte das ja gar nicht glauben, dass man uns wirklich derartig faule türkis-grüne Eier gelegt hat. Aber es stimmt:
Eigentlich bleibt nur noch die Frage offen, ob die geliebten Polizeipferderln der Dioptriendistel eine Renaissance bzw. eine ordnungsgemäße Einführung erleben werden. Im ersten Regierungsprogramm vom Basti-Kanzler-Heiland waren sie nämlich genauso wenig zu finden wie im aktuellen.
Der schöne Karli will bis zum Ende der Legislaturperiode 4.300 mehr Polizisten haben und wird wohl auch vom Plus-Blümerl das Geld dafür bekommen.
Der Ritt nach Schasklappersdorf wird mit Sicherheit fortgesetzt. Ob mit oder ohne Polizeipferderln. Aber jedenfalls unter den wachsamen Augen von Vielen. Denn wir wissen alle: wenn die Blaumeise grün wird, ist sie noch lange nicht abgeheilt.
Die Kickl
Möchtest auch du dich an “Frag die Kickl“ wenden? Zögere nicht und sende ein E-Mail an daniela@danielakickl.com
Bin winterliche Amskundin und man bemerkt bereits einen noch unangenehmeren Tonfall im selbigen. Mich gruselts schon wieder ganz ordentlich.
Bedauerlicherweise ist das ein Fall für die Fauna. Die Amseln werden zudringlicher werden.
liebe daniela, ( ich darf ja du sagen ?) ich bin etwas traurig, denn bisher war ich sehr begeistert von deinen kommentaren, aber seit der neuen regierung hat einer von uns zwei etwas nicht mitbekommen. ich habe zb. verstanden, dass etwas neues probiert wird, nämlich jeder darf seine stärken / überzeugungen versuchen umzusetzen und nicht wie bisher so lange kompromisse zu suchen bis von keiner überzeugung etwas übrig bleibt. allerdings hat das natürlich den nachteil, dass ich dinge akzeptieren muß die mir bisher nicht gefallen haben und vice versa. liebe grüsse mit dem wunsch nach etwas mehr objektivität.